Donnerstag, 30. Juli 2015

Tage 20 bis 23: Schlussakkord, Bilanz und Ausblick

Es ist Donnerstag, der 30. Juli, und wir sind wieder dahoam. Leicht übermüdet, aber voller Eindrücke und in freudiger Erwartung eines verlorenen Koffers, der am Dienstag in Denver den Weg in den Flieger nach New York nicht gefunden hat und seitdem auf Irrwegen unterwegs ist. Delta Airlines, mit denen wir von Denver nach New York geflogen sind, haben ihn zum JFK hinterher geschickt. Leider hat er auf dem Weg dorthin eine Zwischenlandung in Atlanta eingelegt und prompt in New York unsere Maschine nach Frankfurt verpasst. Aber von Anfang an.
Aus unserem Four-States-in-the-Southwest-Roadtrip ist spontan ein Rundreise durch fünf US-Bundesstaaten geworden. Weil der Tag noch jung und der Weg kaum 30 Meilen weit ist, fahren wir am Montag spontan von Fort Collins in Colorado nach Wyoming und statten dort der Hauptstadt Cheyenne einen Kurzbesuch ab. Nettes Städtchen von 60.000 Einwohnern mit Capitol, wie sich das für eine Hauptstadt gehört.



Fort Collins wiederum ist die letzte Stadt (145.000 Einwohner) auf der Interstate 25 North vor der Grenze nach Wyoming. Die Stadt rühmt sich, mit der Colorado State University eine bekannte Universität zu haben und einer der "best places to live" in den USA zu sein. Das Motel dort, ein ganz neues Quality Inn, überrascht uns mit riesigen modernen Zimmern und einem annehmbaren "continental breakfast", aber leider wie überall mit one-way-Thermogeschirr, Portionsverpackungen und Plastikbesteck - jeden Morgen entstehen unfassbare Müllberge, weil einfach ALLES weggeschmissen wird. Unvorstellbar in Deutschland, daher verschonen wir euch mit den unappetitlichen Fotos dieses für amerikanische Motels völlig normalen Zustands.

Vor der Rückreise nach New York legen wir noch wie geplant einen kombinierten Relax- und Shoppingnachmittag ein, im wundervollen Hotel "Woolley's Classic Suites" bzw. im "Towncenter" von Aurora, einem Vorort von Denver, in dem auch unser Hotel liegt - sehr nah am Flughafen. 



Die Rückgabe des Mietwagens am Dienstag bei budget.com dauert keine Minute: Einreihen hinter den anderen Autos, die zeitgleich zurückgebracht hat werden, Schlüssel drin liegen lassen, Mitarbeiter checkt Barcode am Auto, "Do you need a receipt?" - "No, thank you." - "Have a good day!" Das war's. Wir konnten kaum richtig Abschied nehmen von unserem Jeep, der uns in 18 Tagen zuverlässig und komfortabel fast genau 3.000 Meilen, also rund 4800 Kilometer, durch den Südwesten gefahren hat, im Durchschnitt etwa 260 Kilometer am Tag.

Da rechts steht er bei der Abgabe, unserer tapferer weißer Jeep Grand Cherokee, der jetzt 3.000 Meilen mehr auf der Uhr hat.


Am Flughafen müssen wir ein paar Gegenstände aus Dirks Koffer umpacken - zu schwer. Den Mitarbeiter interessiert es herzlich wenig, dass unsere 3 Koffer zusammen deutlich weniger als die erlaubten 60 Kilo wiegen - die Vorschriften sagen, dass ein einzelner Koffer nicht mehr als 20 Kilo wiegen darf. Fertig - keine Diskussion. Also packen wir um, geben alle Koffer ab - und ab da verliert sich für's Erste die Spur unseres verbeulten ollen quietschorangefarbenen Hartschalenkoffers, dem ein Griff fehlt. Am JFK bekommen wir einen Code für die online-Suche (ähnlich wie die Nachverfolgung bei einem Paket) und erfahren darüber am nächsten Morgen, dass der Koffer von Delta-Airlines nach NYC nachgeschickt wird - allerdings über Atlanta. Während wir mit einem ausgiebigen Vormittagsspaziergang von Manhattan und unserem Urlaub Abschied nehmen, fliegt der Koffer durch die USA. Er kommt zwar aus Atlanta am JFK an, aber so knapp vor unserem Abflug, dass er unseren Lufthansa-Flieger nach Frankfurt verpasst. Der freundliche Gepäck-Sucher beim Lost & Found am FMO in Greven, unserer Endstation heute morgen, bleibt dran und stimmt uns zuversichtlich. Die Familie, die hinter uns wartet, ist deutlich schlechter dran: Ihr fehlen seit einer Verspätung ihres Fliegers in Frankfurt alle sieben (!) Koffer. Egal - wir freuen uns mehr darüber, vor kaum 30 Stunden noch mal für einen Abend und einen Vormittag in Manhattan gewesen zu sein, als dass wir uns über den doofen Koffer ärgern.










Da fehlt noch einer! :)

So geht unsere USA-Reise 2015 heute früh ziemlich unspektakulär beim Lost & Found zu Ende. Jetzt erst mal Jetlag überwinden, Eindrücke sacken lassen, Erinnerungen sortieren. Wie praktisch, dass gerade jetzt im NDR erst eine Reportage über den Grand Canyon und dann eine über die Rocky Mountains läuft! Das führt mich direkt zu den Top Five meiner persönlichen Urlaubs-Highlights 2015: 

1. Fahrt auf dem Colorado River am Glen Canyon und am Horseshoe Bend und der Vergleich von oben an der derselben Stelle.
2. Grand Canyon North Rim, nachdem sich Nebel und Regen endlich verzogen hatten.
3. Monument Valley
4. Arches Nationalpark
5. Fahrt in der historischen Schmalspureisenbahn von Durango nach Silverton

Aber diese Liste wird unserem Urlaub nicht gerecht. Auch alle anderen Erlebnisse und Ausflüge waren auf ihre Weise großartig. Der letzte Höhepunkt, die Fahrt über die Rocky Mountains, bündelte noch mal besonders schöne Aussichten. Der Grand Circle, also die Rundreise durch die Nationalparks im Südwesten der USA, ist eine grandiose Tour voller unterschiedlicher Eindrücke, spektakulärer Aussichten und beeindruckender Naturgewalten. Wir freuen uns, dass wir euch daran etwas teilhaben lassen konnten und schließen unser Reiseblog für 2015 mit einem großen Dankeschön für's Begleiten! Und mit den ersten Plänen für 2016: Boston, Toronto, Nigara Falls und Chicago fänden wir toll. Oder Vancouver, Seattle und noch mal den Highway No. 1 am Pazifik entlang bis zur Südspitze Kaliforniens. Texas muss aber auch unbedingt eine Reise wert sein. Oder... Die Ziele in Nordamerika gehen uns erstmal noch nicht aus! Bis nächsten Sommer! Und allen, die gerne noch weiterlesen möchten, was man in den USA alles erleben kann, empfehlen wir das Reisetagebuch von Inge Seibel-Müller & Family auf www.ingeseibel.de, deren Urlaub gerade erst begonnen hat.
Have a good time! Take care! Und auf Wiederlesen!













Sonntag, 26. Juli 2015

Tage 19 und 20: Rocky Mountain High

Save The Best For Last! Zum Endspurt unseres Roadtrips durch vier US-Bundesstaaten erleben wir noch ein absolutes Highlight: zwei Tage Rocky Mountains mit Fahrt über die Trail Ridge Road, den höchstgelegenen Highway der USA. Genial!
Eher zufällig landen wir gestern in Steamboat Springs am Fuße der Rocky Mountains. Da Wochenende ist und amerikanische Schulferien sind, scheint alles rund um den Rocky Mountain National Park ausgebucht zu sein oder nimmt Wucherpreise. In Steamboat Springs, ziemlich idyllisch ungefähr 80 Meilen westlich der östlichen Parkeinfahrt gelegen, ergattern wir das letzte einigermaßen erschwingliche Zimmer mit Flußblick im Rabbit Ears Motel, das aber auch unfassbare Wochenendzuschläge nimmt. 



Wir finden heraus, dass das Städtchen zu den beliebtesten Wintersportorten der USA gehört - wir hatten bislang nur von Aspen, Vail und Beaver Creek gehört, weil hier regelmäßig Skiweltcup-Rennen stattfinden. Neben Liften und Pisten gibt es in Steamboat Springs auch Sprungschanzen, und diverse US-Wintersportler stammen von hier. Die leicht genervte Rezeptionistin erzählt uns, im Sommer sei hier derzeit aber noch mehr los als im Winter - "it's crazy!" In der Tat macht die Stadt einen rappelvollen Eindruck. Die Skiverleiher bieten im Sommer Fahrräder, Kanus und Kajaks an, und offenbar machen viele Amerikaner hier Sommerurlaub. Am Rande der Stadt, an den Hängen mit der vermutlich besten Aussicht, sehen wir auch viele schöne Hotels und Chalets - es sieht tatsächlich ein wenig aus wie in den Schweizer Alpen. 


Wir bleiben aber nur eine Nacht und fahren heute Richtung Osten weiter - in den Rocky Mountain National Park. 

Der Park wird in diesem Jahr 100 Jahre alt und ist vor allem durch die Trail Ridge Road bekannt, eine weitere "All American Road" mit großartigen Aussichten und noch dazu der höchst gelegene Highway in den USA. Von Grand Lake, wo die Straße im Westen beginnt, bis Estes Park im Osten ist die Strecke 77 Kilometer lang, davon liegen etwa 18 Kilometer oberhalb der Baumgrenze. Am Milner Pass in 3.279 m Höhe liegt die nordamerikanische kontinentale Wasserscheide zwischen dem Atlantik und dem Pazifik. Wir überqueren die Rockies am höchsten Punkt der Trail Ridge Road in 3.713 Metern (12.183 ft).








Die höchste befestigte Straße der Welt ist unsere Route heute aber noch lange nicht. Die "Park News", eine Zeitung, die wir an der Einfahrt erhalten, berichten, der Karakorum Highway zwischen Pakistan und China erreicht eine Höhe von fast 5.000 Metern. Und der höchste Berg in den Rocky Mountains liegt auch nicht auf unserer Route - der heißt Mount Elbert, ist 4.401 m hoch und liegt etwa 200 Meilen südlich von hier. 

So wunderschön die Ausblicke heute auch sind - das enorme Waldsterben in den Rocky Mountains ist auf unserer Fahrt leider auch unübersehbar. Das "Silberne" sind nicht etwa Silberfichten, sondern massenweise mausetote Kiefern und Tannen:


Wegen des Klimawandels haben sich schädliche Käfer in den Rockies dramatisch vermehrt, die die Nadelbäume mit einem Pilz verseuchen, wodurch die Bäume vertrocknen. Weil aber Pestizide die Natur noch mehr schädigen würden, können keine wirkungsvollen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.  

Unterwegs treffen wir auf eine Hirschfamilie und hätten beinahe im Schnee herumstapfen können.





Die vielen Haltemöglichkeiten auf der Strecke mit den scenic overviews sind bestens geeignet, um Panoramafotos auszuprobieren, auf denen Charlotte mehrfach zu sehen ist - danke, Inge Seibel-Müller, für den Tipp! Hier also das doppelte und dreifache Lottchen:




Inzwischen haben wir uns in Fort Collins nördlich von Denver niedergelassen. Morgen wollen wir einen Shoppingtag einlegen, ehe es übermorgen (Dienstag) von Denver aus zurück nach New York geht. Heute Nachmittag ist Zeit zum Relaxen und Fotos sortieren. Nach so vielen Eindrücken vor allem von Farben, Formen und Felsen tut das auch mal richtig gut! Für heute verabschieden wir uns mit DEM Song zum Tag:

Colorado Rocky Mountain high
I've seen it rainin' fire in the sky
The shadow from the starlight
Is softer than a lullaby
Rocky Mountain high...

(John Denver)

Freitag, 24. Juli 2015

Tage 17 und 18: Traumstraßen und Steinbögen

"Der Weg ist das Ziel." So könnten unsere beiden Urlaubstage gestern und heute wahrhaftig überschrieben sein. Wir haben zwei amerikanische Traumstraßen er-fahren, auf denen der Südwesten noch mal alles gegeben hat, um uns den nahenden Abschied so richtig schön schwer zu machen: Die Utah State Road 12 zwischen dem Bryce Canyon und dem Capitol Reef National Park und die Utah State Road 128 zwischen Moab an der Südspitze des Arches National Park und der Interstate 70. 

Die UT 12 gehört zu nur 27 Strecken in den USA, die den stolzen Titel "All American Road" tragen dürfen. Diese Auszeichung bekommt nur, wer als Panoramastraße für sich allein schon ein Reiseziel wert ist. "All American Roads", die wir bei unseren USA-Urlauben kennengelernt haben, sind zum Beispiel auch der Big Sur Coast Highway in Kalifornien (ein Teil des berühmten Highway No. 1 entlang des Pazifik), Blue Ridge Parkway in Virginia im Shenandoah Nationalpark (besungen in John Denvers "Country Roads"), der San Juan Skyway in New Mexico (u.a. im Abschnitt zwischen Durango und Silverton, wo wir per Eisenbahn und Bus unterwegs waren) und - der Las Vegas Strip. Die UT 12 trägt den Beinamen "A Journey Through Time", weil sie uns auf fast 200 Kilometern Länge durch Millionen Jahre Gesteinsgeschichte führt. Dabei ändert sie ihr Aussehen praktisch hinter jedem Hügel: mal grüne Vegetation in Schluchten und Tälern, dann kilometerlang rote, orange- und rosafarbene Plateaus und Felsformationen. Immer wieder erleben wir auf unserer Fahrt zwischen Bryce Canyon/Kodachrome Basin und Capitol Reef National Park einen kompletten Szenenwechsel, der sich kaum beschreiben lässt. 



Einen wirklich guten Kaffee genießen wir unterwegs im "KIVA-Koffeehouse", einem urigen Café mit fabelhafter Aussicht und höchst originellen Restrooms irgendwo an der UT 12. 



Beinahe unbemerkt beginnt hinter Torrey, am Ende der UT 12 der Capitol Reef National Park. Unbemerkt deshalb, weil wir keinen Eintritt zahlen müssen (mein Hinweis von gestern, dass die National Parks mindestens 25 $ Eintritt kosten, ist also Unfug). Auch Capitol Reef ist berühmt für seine Tafelberge und Felsformationen in allen Rotschattierungen, uns aber als nicht soooo atemberaubend aufgefallen, wie die anderen National Parks. 



Hinter Capitol Reef fahren wir weiter auf der UT 24, die nicht als "scenic byway" ausgewiesen ist, uns aber begeistert - so stellen wir uns eine Fahrt über den Mond vor! Die Plateaus sind hier mal nicht rot, sondern weiß-grau, und der Blick in die Weite ist schier unendlich.



Irgendwann erreichen wir nach Tagen mal wieder eine Interstate, die I 70, und damit endlich auch wieder mobiles Internet - halleluja! Wir machen Station in Green River, wo sich dank mobilem Internet spontan ein schönes Motel mit Pool findet. Von dort aus haben wir heute den Arches Nationalpark erkundet - weltberühmt durch seine skurrilen Felsformationen - die roten Steinbögen, die dem Park seinen Namen gegeben haben, machen für uns nur einen winzigen Teil seines Reizes aus. Manche Felsen sehen so aus, als würden sie beim nächsten Windstoß ab- oder durchbrechen. In viele andere markante Formationen lassen sich eigene Interpretationen hineinlegen oder sie haben schon passende Namen bekommen wie die "Three Gossips", die drei Klatschtanten, oder der "Balanced Rock". Der "Delicate Arch" ist das Wahrzeichen Utahs und auf vielen Autokennzeichen abgebildet. 


Oben: Three Gossips. Unten: Balanced Rock.

Unten: Delicate Arch

Größenvergleich mit Charlotte unten links  (1,78m):


Inzwischen ist es Mittag geworden und deutlich über 35 Grad heiß. Überall im Park stehen Warnschilder "Heat kills! Stay hydrated!", und es gibt Brunnen, die "drinking fountains", aus denen wir unsere Wasserflaschen nachfüllen. Selbst für kurze Wanderungen in der Mittagshitze sind Mütze, Sonnencreme und Wasserflasche ein Muss, und wir ärgern uns, dass wir nicht früher aufgestanden sind. Außerdem sind wir überzeugt, dass uns sowieso niemand glauben wird, dass das tiefe Blau des Himmels auf unseren Fotos heute tatsächlich echt und nicht nachträglich bearbeitet ist. Es ist aber so! 


Nach den überwältigen Eindrücken und einer kurzen Fahrt durch Moab am südlichen Ende des Arches Nationalparks fahren wir über die UT 128 zurück auf die Interstate 70. Die UT 128 ist eine teilweise superenge, sehr kurvenreiche Straße, die fast auf ihrer kompletten Länge von 70 Kilometern dem Lauf des Colorado River folgt. Links der Straße der Colorado, rechts hohe Felswände aus rotem Sandstein - es ist eine unbeschreibliche Fahrt, bei der wir die Straße fast für uns alleine haben. 



So wie gestern und heute muss ein Roadtrip sein, der diesen Namen auch verdient: abwechslungsreich und gleichzeitig landschaftlich einmalig und dem Fahrer gelegentlich auch einiges abverlangend. Der Weg ist das Ziel!

Donnerstag, 23. Juli 2015

Tag 16: Kodachrome und Krabbeltiere

Liebe Nico (das ist meine große Schwester, die mit mir u.a. eine ausgeprägte Krabbeltier-Phobie teilt), bitte lies jetzt besser nicht weiter. Wir sind irgendwo in der Pampa von Utah jenseits des Bryce Canyon in einer Blockhütte, und in der Broschüre zu unserer Unterkunft steht: "Rattlesnakes, scorpions, and poisonous spiders all inhabit this area." Na super. Ich dachte, ich hätte mein Spinnenphobie-Erlebnis für diesen Urlaub schon hinter mir (im Blogpost über den Grand Canyon nachzulesen) - und jetzt sterbe ich vermutlich heute Nacht, irgendwo in der Pampa von Utah, den langsamen und qualvollen Tod durch Skorpionbiss. Zu viel Natur ist irgendwie auch nicht das, was ich mir vom USA-Urlaub 2015 erträumt hatte. :-) 
Andererseits muss ich zugeben: Unsere Blockhütte, eine von nur sechs "Red Stone Cabins" im  Kodachrome Basin State Park, etwa 15 Meilen vom Bryce Canyon entfernt, ist nicht nur ein echter Geheimtipp, sondern schon auch sehr urig und gemütlich. Und erst der Ausblick von unserer kleinen Veranda! Einfach himmlisch!





Mit Sack und Pack und jeder Menge Fressalien, Wasser und Bier sind wir heute Nachmittag in unsere Hütte eingezogen. Weit und breit gibt es nämlich keine Einkaufsmöglichkeit, nur den winzigen Laden neben den Red Stone Cabins. Schon bei der Buchung hatten uns die Inhaber per Mail entsprechend vorgewarnt ("...no restaurants close by...buy groceries before coming to us..."). Bis zum nächsten bewohnten Haus sind es mindestens sechs Meilen. Zu jeder der sechs rustikalen kleinen Blockhäuser gehören ein kleiner Kühlschrank, eine Mikrowelle und draußen neben der Veranda ein Gasgrill. Vermutlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass es selbstverständlich kein Internet, kein Telefon und kein GPS in dieser romantischen und fast unberührten Wildnis von Utah gibt. Dafür ist es hier herrlich friedlich, und der Gast zwei Cabins weiter malt den Ausblick:


Das Kodachrome Basin verdank seinen Namen Journalisten des National Geographic, die damit die Farbenpracht dieser Region würdigten. Trotz der Sommerhitze gibt es erstaunlich viel grüne Vegetation, aber es dominieren die Rot- und Orangetöne der sogenannten Hoodoos und Chimneys, das sind etwa 70, bis zu 50 Metern hohe schornstein-ähnliche Felsformationen, die einmal Geysire waren. Vor Jahrmillionen versteinerten sie und sind auf der ganzen Welt hier einmalig. Dazu der knallblaue Himmel - dass diese Farbenvielfalt Fotografen inspiriert, ist durchaus nachvollziehbar. 




Unser Tag begann aber am Morgen mit dem herzlichen Abschied von Eric und Jarod, unseren fabelhaften, umsichtigen Gastgebern im "Dreamkatchers Bed & Breakfast" in Big Water, das wir euch allerwärmsten empfehlen können, sollte es euch je in die Gegend von Page am Lake Powell verschlagen. Ein wunderschönes Haus mit nur drei Gästezimmern, zu denen jeweils ein eigenes Bad gehört, einem Jacuzzi auf der Garage unterm Sternenhimmel, dem leckersten Frühstück ever ever ever und dem - keine Übertreibung - besten Kaffee aller Zeiten. Zusammen mit Henk und Erna aus den Niederlanden und David und Jill aus Australien verbrachten wir dort zwei sehr nette Abende auf der Terrasse und haben uns sauwohl gefühlt. Von Big Water aus sind das riesige Erholungsgebiet am Lake Powell, Glen Canyon, Marble Canyon, die Navajo Bridge, Horseshoe Bend sowie Upper and Lower Antilope Canyon Fahrzeiten von nur fünf bis 45 Minuten entfernt. Wir hätten eigentlich mindestens zwei Tage mehr einplanen sollen! Aber auch den berühmten Bryce Canyon National Park, unsere Zwischenstation heute, erreicht man in zweieinhalb Stunden. Viele Amerikaner halten den Bryce Canyon für noch beeindruckender, als den Grand Canyon. Wir waren zwar auch begeistert von den "Hoodoos", den vielen kleinen Felstürmchen inmitten der unglaublich weiten Landschaft, aber an den Grand Canyon reichen diese Eindrücke dann doch nicht heran. Trotzdem ist Bryce Canyon auf jeden Fall ein sehr beeindruckender National Park. Die Hoodoos sehen ein wenig aus, wie zu groß geratene Sandtürmchen, wie man sie am Strand aus Wasser und Sand anhäufelt, wenn man nassen Sand durch die Hand tropfen lässt. Eine bizarre Landschaft mit vielen großartigen Aussichtspunkten entlang der etwa 30 Kilometer langen Scenic Route durch den Park. 



Spätestens heute hat sich unser Jahrespass für sämtliche (!) amerikanischen Nationalparks bezahlt gemacht, den wir schon am Anfang unserer Tour im Grand Sand Dunes National Park für 80 Dollar gekauft haben. Die einzelnen Nationalparks kosten jeweils mindestens 25 Dollar Eintritt pro Auto, so dass sich der Jahrespass schnell amortisiert. Und selbst wenn nicht, hat man damit dann doch wenigstens die wirklich aufwendigen Bemühungen der USA zur umweltfreundlichen Pflege und zum Erhalt der großartigen National Parks unterstützt. Und immerhin können wir den Jahrespass bis Ende Juli 2016 überall in den USA einsetzen. Da geht doch was?!?!
"Gespart" haben wir uns heute den Abstecher zum Zion Nationalpark, der auf unserer Route lag. Man kann entlang des "Grand Circle", der Nationalpark-Route durch die vier Bundesstaaten Colorado, New Mexico, Arizona und Utah, unmöglich alle der unzähligen Naturwunder besuchen. 
Während ich diesen Blog-Eintrag auf unserer winzigen Veranda vorschreibe, um ihn morgen - mangels Internet-Verbindung heute - zu posten, ist es ganz schnell Nacht geworden im Kodachrome Basin State Park bei den Red Stone Cabins. Da es hier "no light pollution" gibt, sieht man die Hand vor Augen nicht mehr. Nur der Bildschirm des iPad, die Sterne und der Mond leuchten. Und die Grillen zirpen dazu. Das etwas langweilige Schweizer Pärchen in der Nachbar-Hütte hat sich auf den Weg vor den Hütten gelegt, um den Sternenhimmel zu genießen, was wir nicht sehen, sondern nur hören können, obwohl die beiden kaum 10 Meter von uns entfernt liegen.



Gute Nacht! Drückt uns die Daumen, dass uns Schlangen, Skorpione und giftige Spinnen heute Nacht verschonen! Nico, hast du bis hierhin durchgehalten? :-)